Schwierige Gespräche führen: Ein Leitfaden für Führungskräfte

Schwierige Gespräche oder Konfliktgespräche gehören zum Alltag jeder guten Führungskraft. Ob es um Leistungsprobleme, Verhaltensthemen oder persönliche Angelegenheiten geht – solche Gespräche sind unvermeidlich und erfordern Fingerspitzengefühl und eine sorgfältige Vorbereitung. In diesem Artikel biete ich Ihnen einen umfassenden Leitfaden, wie Sie schwierige Gespräche erfolgreich führen können. Es folgen auch praktische Tipps und Beispiele aus der Praxis, um Sie auf diese anspruchsvolle Aufgabe vorzubereiten.

Warum sind schwierige Gespräche wichtig?

Schwierige Gespräche sind entscheidend für das Wachstum und die Entwicklung eines Mitarbeitenden oder des gesamten Teams. Sie bieten die Möglichkeit, Missverständnisse zu klären, Probleme frühzeitig zu erkennen und Lösungen zu finden, bevor sie in Konflikten eskalieren. Eine offene und ehrliche Kommunikation fördert das Vertrauen und die Zusammenarbeit im Team. Schieben Sie schwierige Gespräche also nicht auf.

„Führung zeigt sich nicht in leichten Gesprächen, sondern im Mut, das Schwierige klar und menschlich anzusprechen.“ – Doris Neuherz, Coachin für Führungskräfte

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Generell besteht der „Leitfaden schwierige Gespräche“ aus 3 Teilen:

1. Vorbereitung des Gesprächs

2. Durchführung des Gesprächs

3. Nachbereitung des Gesprächs

Alle 3 Aspekte sind entscheidend für ein erfolgreiches Mitarbeitergespräch und sollten daher unter Berücksichtigung entsprechender Zeitressourcen unbedingt durchgeführt werden.

1. Schwierige Gespräche: Vorbereitung ist der Schlüssel

Die Vorbereitung auf ein schwieriges Gespräch ist der erste und wichtigste Schritt. Hier sind einige Aspekte, die Sie berücksichtigen sollten:

Klarheit über das Ziel

Definieren Sie, was Sie mit dem Gespräch erreichen möchten. Geht es um die Verbesserung der Leistung, das Verhalten eines Mitarbeitenden oder persönliche Angelegenheiten? Ein klares Ziel hilft Ihnen, das Gespräch zu strukturieren und den Fokus zu bewahren.

Fakten sammeln 

Sammeln Sie alle relevanten Informationen und Daten, die Sie benötigen, um Ihre Punkte zu untermauern. Vermeiden Sie es, das Gespräch auf Vermutungen oder Hörensagen zu stützen. Zum Beispiel, wenn es um Leistungsprobleme geht, bringen Sie konkrete Beispiele und Zahlen mit.

Überlegen Sie, wie Sie auf mögliche Reaktionen des Mitarbeitenden reagieren werden. Versuchen Sie, ruhig und sachlich zu bleiben, egal wie emotional das Gespräch wird. Bereiten Sie sich darauf vor, Empathie zu zeigen und gleichzeitig professionell zu bleiben.

Ort und Zeit

Wählen Sie einen ruhigen und privaten Ort für das Gespräch aus und planen Sie ausreichend Zeit ein, damit Sie nicht unter Druck stehen. Ein ungestörter Raum schafft eine angenehme Atmosphäre und zeigt dem Mitarbeitenden, dass Sie das Gespräch ernst nehmen.

2. Schwierige Gespräche führen

Der Ablauf des Gesprächs ist entscheidend für dessen Erfolg. Hier sind einige Schritte, die Sie befolgen sollten:

Einleitung für schwierige Gespräche

Beginnen Sie das Gespräch mit einer kurzen Einleitung, in der Sie den Zweck des Treffens klarstellen. Zum Beispiel: „Ich möchte heute mit dir über einige Bedenken sprechen, die ich bezüglich deiner Leistung/Verhaltensweise habe.“ Dies schafft Transparenz und bereitet den Mitarbeitenden auf das Thema vor.

Klar und direkt

Seien Sie klar und direkt in Ihrer Kommunikation. Vermeiden Sie es, um den heißen Brei herumzureden. Formulieren Sie Ihre Aussagen konkret und spezifisch. Zum Beispiel: „Ich habe bemerkt, dass du in den letzten drei Monaten drei Deadlines verpasst hast. Das hat negative Auswirkungen auf das gesamte Team.“ Natürlich ist dabei die wertschätzende Haltung und Formulierung ein absolutes Muss.

Aktives Zuhören

Geben Sie dem Mitarbeitenden die Möglichkeit, seine Sichtweise darzulegen. Hören Sie aktiv zu und zeigen Sie Empathie. Das bedeutet, dass Sie nicht nur auf die Worte achten, sondern auch auf die nonverbalen Signale. Wiederholen Sie die Aussagen des Mitarbeitenden, um sicherzustellen, dass Sie ihn richtig verstanden haben.

Lösungsorientiert

Arbeiten Sie gemeinsam mit dem Mitarbeitenden an möglichen Lösungen oder Wegen zur Verbesserung. Fragen Sie nach seinen Vorschlägen und zeigen Sie, dass Sie bereit sind, ihn zu unterstützen. Zum Beispiel: „Welche Schritte denkst du, können wir unternehmen, um sicherzustellen, dass die Deadlines in Zukunft eingehalten werden?“

Dokumentation schwieriger Gespräche

Halten Sie die wichtigsten Punkte des Gesprächs schriftlich fest, insbesondere die vereinbarten Maßnahmen und Ziele. Dies hilft, Missverständnisse zu vermeiden und den Fortschritt zu verfolgen. Teilen Sie die Notizen mit dem Mitarbeitenden, um sicherzustellen, dass beide Seiten die gleichen Erwartungen haben.

3. Nachbereitung schwieriger Gespräche

Die Nachbereitung eines schwierigen Gesprächs ist ebenso wichtig wie die Vorbereitung und Durchführung. Hier sind einige Schritte, die Sie beachten sollten:

Follow-up

Vereinbaren Sie einen Folgetermin, um den Fortschritt zu überprüfen und gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen. Dies zeigt dem Mitarbeitenden, dass Sie das Thema ernst nehmen und Sie bereit sind, ihn zu unterstützen.

Unterstützung anbieten

Zeigen Sie, dass Sie weiterhin bereit sind, den Mitarbeitenden zu unterstützen und ihm bei der Umsetzung der besprochenen Maßnahmen zu helfen. Dies fördert das Vertrauen und die Zusammenarbeit.

Feedback einholen

Fragen Sie den Mitarbeitenden nach seinem Feedback zum Gespräch. Was hat gut funktioniert? Was könnte verbessert werden? Dies hilft Ihnen, Ihre Fähigkeiten im Führen schwieriger Gespräche weiter zu entwickeln.

Tabelle: Leitfaden schwierige Gespräche im Überblick

PhaseZielStruktur & Tipps
1. Vorbereitung des GesprächsSorgfältige Planung und innere Haltung schaffen die Basis für ein konstruktives GesprächZiel definieren: Klären, ob es um Leistung, Verhalten oder persönliche Themen geht
Fakten sammeln: Nur mit belegbaren Informationen argumentieren, keine Vermutungen
Reaktionen antizipieren: Mögliche emotionale Reaktionen bedenken, ruhig und empathisch bleiben
Ort & Zeit: Ruhigen, ungestörten Raum wählen und genügend Zeit einplanen
2. Durchführung des GesprächsStrukturierter, wertschätzender Dialog zur Klärung der Situation und Entwicklung von LösungenEinleitung: Gesprächsziel klar benennen (z. B. „Ich möchte mit dir über … sprechen“)
Klar & direkt: Konkrete Beispiele nennen, nicht um den heißen Brei reden
Aktives Zuhören: Verständnis zeigen, nonverbale Signale beachten, Aussagen paraphrasieren
Lösungsorientiert: Gemeinsam Verbesserungsschritte erarbeiten, Mitarbeitende einbinden
Dokumentation: Ergebnisse, Vereinbarungen und Ziele schriftlich festhalten
3. Nachbereitung des GesprächsNachhaltige Wirkung sichern, Vertrauen stärken und Entwicklung begleitenFollow-up: Termin zur Fortschrittskontrolle vereinbaren
Unterstützung anbieten: Mitarbeitende aktiv bei der Umsetzung begleiten
Feedback einholen: Rückmeldung zum Gesprächsprozess erfragen, um selbst zu lernen

Beispiele für schwierige Gespräche aus der Praxis

Beispiel 1: Leistungsprobleme

Anna ist eine talentierte Mitarbeiterin, deren Leistung in den letzten Monaten nachgelassen hat. Ihre Führungskraft, Markus, bereitet sich auf ein Gespräch vor, um das Problem zu adressieren.

Einleitung: „Anna, ich möchte heute mit dir über deine Leistung in den letzten Monaten sprechen. Mir ist aufgefallen, dass du Schwierigkeiten hast, deine Projekte rechtzeitig abzuschließen.“

Klar und direkt: „In den letzten drei Monaten hast du drei Deadlines verpasst, und das hat negative Auswirkungen auf das gesamte Team.“

Aktives Zuhören: Anna erklärt, dass sie persönliche Probleme hat, die ihre Arbeit beeinträchtigen. Markus hört aufmerksam zu und zeigt Verständnis.

Lösungsorientiert: „Wie können wir dir helfen, diese Herausforderungen zu bewältigen? Brauchst du mehr Flexibilität, um deine Arbeit besser zu organisieren?“

Dokumentation: Markus hält die besprochenen Maßnahmen und Ziele schriftlich fest und vereinbart einen Folgetermin, um den Fortschritt zu überprüfen.

Beispiel 2: Verhaltensprobleme

Tom ist ein erfahrener Mitarbeiter, der jedoch in letzter Zeit durch sein Verhalten im Team negativ aufgefallen ist. Seine Vorgesetzte, Lisa, bereitet sich auf ein Gespräch vor, um das Thema anzusprechen.

Einleitung: „Tom, ich möchte heute mit dir über einige Bedenken sprechen, die ich bezüglich deines Verhaltens im Team habe.“

Klar und direkt: „Ich habe bemerkt, dass du in den letzten Meetings oft andere unterbrichst und deine Meinung sehr dominant vertrittst. Das hat zu Spannungen im Team geführt.“

Aktives Zuhören: Tom erklärt, dass er frustriert ist, weil er das Gefühl hat, dass seine Ideen nicht gehört werden. Lisa hört aufmerksam zu und zeigt Verständnis.

Lösungsorientiert: „Wie können wir sicherstellen, dass deine Ideen gehört werden, ohne dass es zu Spannungen im Team kommt? Vielleicht könnten wir eine Struktur für die Meetings einführen, in der jeder zu Wort kommt.“

Dokumentation: Lisa hält die besprochenen Maßnahmen und Ziele schriftlich fest und vereinbart einen Folgetermin, um den Fortschritt zu überprüfen.

Methoden für schwierige Gespräche

Es gibt verschiedene Methoden, die Ihnen helfen können, schwierige Gespräche strukturiert und effektiv zu führen. Hier sind einige bewährte Ansätze:

GROW-Modell

Das GROW-Modell kann helfen, das Gespräch zu strukturieren und einen guten Ablauf zu gewährleisten:

  • Goal (Ziel): Was soll erreicht werden?
  • Reality (Realität): Wie ist der aktuelle Stand?
  • Options (Optionen): Welche Möglichkeiten gibt es?
  • Will (Wille): Was wird konkret unternommen?

Schwierige Gespräche führen mit Ich-Botschaften

Verwenden Sie Ich-Botschaften in schwierigen Gesprächen, um Ihre eigenen Gefühle und Beobachtungen auszudrücken, ohne den Mitarbeitenden anzugreifen. Zum Beispiel: „Ich habe bemerkt, dass die Projektabgaben oft verspätet sind und das bereitet mir Sorgen.“ Dies vermeidet Schuldzuweisungen und fördert eine offene Kommunikation. Hier kann auch ein Blick auf das Modell der Gewaltfreien Kommunikation helfen.

Sandwich-Methode

Diese Methode beginnt mit positivem Feedback, gefolgt von den kritischen Punkten und endet mit einer ermutigenden oder positiven Bemerkung. Zum Beispiel: „Ich schätze deine harte Arbeit und dein Engagement. Allerdings habe ich bemerkt, dass du in letzter Zeit oft zu spät gekommen bist, was das Team belastet. Ich bin sicher, dass du das ändern kannst, und freue mich darauf, weiterhin mit dir zusammenzuarbeiten.“ Beachten Sie, dass diese Methode manchmal dazu führt, dass die Kernbotschaft beim Gegenüber nicht ankommt und legen Sie daher besonderen Wert darauf, dass Sie eine Vereinbarung schließen.

Fazit: Schwierige Gespräche führen als Führungskraft

Schwierige Gespräche zu führen ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die jedoch entscheidend für das Wachstum und die Entwicklung eines Mitarbeitenden oder des gesamten Teams ist. Durch eine sorgfältige Vorbereitung, eine klare und direkte Kommunikation, aktives Zuhören und eine lösungsorientierte Herangehensweise können Sie diese Gespräche erfolgreich meistern. Nutzen Sie den Leitfaden für schwierige Gespräche, die vorgestellten Methoden und Beispiele aus der Praxis, um sich auf diese Herausforderung vorzubereiten und eine positive Arbeitsumgebung zu fördern.

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